5 eBike Akkus zerlegen
Ich selbst habe im ersten Halbjahr 2020 über 120 eBike Akkuspacks zerlegt, mit dabei viele verschiedene Modelle von unterschiedlichen Herstellern.
Dabei sind die meisten Akkupacks ähnlich aufgebaut, bei einigen jedoch hat jedes Akkupack seinen eigenen Kniff oder Trick, um es auf zu bekommen.
Ich möchte hier ein paar Akkupacks kurz vorstellen, um das Öffnen zu erleichtern, oder einfach nur damit man mal sehen kann, wie sowas von Innen aussieht.
Hinweis:
Bitte sei vorsichtig und konzentriert beim Öffnen von Akkupacks, egal ob nun von einem eBike, Laptop oder Spielzeug.
Li-Ionen Zellen haben eine enorme Energiemenge gespeichert und können bei falscher handhabung, Kurzschluss oder Beschädigung anfangen zu brennen.
Daher lies Dir bitte aufmerksam durch, was hier steht und geh nicht einfach so mit dem Hammer auf ein Akkupack los!
1. Werkzeug
Wenn Du einen eBike-Akku nur zerlegen möchtest, um an die Akkuzellen heran zu kommen (so wie ich) um sie für ein Solarprojekt oder für andere Spielereien wie Akkulautsprecher, Modellbau, eScooter etc. zu benutzen, brauchst Du kein Spezialwerkzeug und alles, was Du benötigst ist hier auf dem Foto zu sehen, für egal welchen Akkupack egal welchen Herstellers
die drei wichtigsten Tools: abgewinkelte Spitzzange (= Telefonzange) mit 180 oder 200mm, Seitenschneider, robuster Flachschraubenzieher zum Hebeln
guter Flachschraubenzieher der vorn auch wirklich richtig flach ist, mittelgroßer Kreuzschlitzschraubendreher (idealerweise PH1), Torx TH15 als Schraubenzieher, notfalls auch als Bit oder Inbus
dünne Handschuhe (Montagehandschuhe, KFZ-Handschuhe) sind spätestens beim Entfernen der Nickelstreifen sinnvoll, Hammer sollte mittelgroß sein, etwas um 250 Gramm rum oder mehr
Dringende Empfehlung:
manchmal kommt es vor, dass man einen Kurzschluss fabriziert, der nicht mehr rückgängig zu machen ist.
- Beschädigung des äußeren Mantels einer Li-Ionen Zelle -> interner Kurzschluss
- ein Stück Metall / Nickelstreifen legt sich auf Plus und Minus und backt dort sofort fest
Wenn das Ganze dann noch im Zellverbund mit 40 oder 50 weiteren Zellen passiert führt dies schnell zu einer Kettenreasktion (Thermal Runaway) und ist kaum mehr zu kontrollieren. Die Folge ist ein Brand mit über 1.000°C
- Ein Feuerlöscher wird nicht viel helfen, denn der basiert auf dem Prinzip, dem Feuer den Sauerstoff zu rauben; was bei einem Lithiumbrand nicht funktioniert, da durch die Verbrennung Sauerstoff entsteht - das Feuer füttert sich somit selbst
- Wasser als Löschmittel ist absolut nicht zu empfehlen, da Strom + Wasser = noch mehr Kurzschluss, und außerdem wenn das Feuer bereits die 1.000°C erreicht hat kann es passieren, dass Wasser in seine atomaren Bestandteile aufgespalten wird und somit Wasserstoff entsteht - was extrem explosiv ist!
Daher die dringende Empfehlung:
Bevor Du damit anfängst, ein Akkupack zu zerlegen besorg Dir zwei Eimer oder einen Eimer und eine Kiste und etwas Sand und bau eine "Löschgrube"
- Kiste mit drei Handbreit Sand auf dem Boden
- daneben ein gut gefüllter Eimer Sand
- kokelnde / brennende Akkuzelle in die Kiste werfen, Eimer darüber auskippen
Der Sand wird der Akkuzelle die Wärmeenergie entziehen und diese soweit abkühlen, dass sie sich gar nicht erst entzündet.
Das habe ich schon mehrfach "ausprobiert", mit einzelnen Zellen, mit einem teilzerlegten Akkupack - das hat bisher immer sehr gut funktioniert und es ist nichts weiter passiert.
Nach einigen Stunden kann man die defekte Akkuzelle wieder entnehmen, wenn sie abgekühlt ist. Sie ist dann leer und es kann nichts mehr passieren.
Mülltrennung: Behälter für Elektronik-reste wie Kabel, BMS, Sensoren etc.
und Behälter Kunststoff / Klebereste / Gehäuseteile / Zellhalter / Restmüll
2. Akkulagerung / Sortierhilfe
Ich kann es nicht oft genug erwähnen: LiIonen Zellen sind kein Spielzeug und haben sehr viel Energie in sich. Umso gefährlicher, wenn viele Akkuzellen dicht zusammen kommen.
Beim Lagern sollte man darauf achten, diese nicht einfach lose in einen Karton oder Eimer zu werfen, wo schnell ein Kurzschluss entstehen kann, sondern am besten
- stabile Boxen / Kisten benutzen
- immer alle Akkus sauber stapelt sodass sie in eine Richtung zeigen
- mit Trennstreifen aus Karton o.ä. Plus und Minuspol voneinander trennt
Auch wenn ich ansonsten von Ikea nicht überzeugt bin sind dessen"Samla" Plastikboxen ideal dazu geeignet, günstig und stapelbar
Nun haben wir alles zusammen, jetzt kann es an das Zerlegen der eBike Akkus gehen, wobei ich hier ausführlich nur auf den recht gängigen Bosch Powerpack 400 / 500 Rahmenakku, exemplarisch eingehen möchte.
Alle anderen eBike Akkupacks (Gazelle, Ansmann, BionX, verschiedene noname, Bosch Classic, Gepäckträgerakku & Powertube), bei denen ich das Zerlegen dokumentiert...
...habe findet Du mitsamt einer anschaulichen bebilderten Schritt-für-Schritt Anleitung hier -> eBike Akkus zerlegen
Bosch Powerpack 400 / 500 Rahmenakku
Dauer: 15 - 30 Minuten
benötigtes Werkzeug: Torx TX15, Flachschraubendreher klein + groß, Hammer, Telefonzange (abgewinkelte Spitzzange), Seitenschneider
Schwierigkeitsgrad: sehr einfach (so ziemlich der einfachste Akku zum Zerlegen)
auf der Unterseite sind 4 bzw. 6 Torxschrauben, je nach Produktionsjahr und -Ort. Eine davon ist idR mit Gummi versiegelt, das kannst Du einfach mit etwas Spitzem rauspopeln.
Das Metallblech oberhalb des Schraubenziehers auf diesem Bild brauchst Du nicht abschrauben
der Rahmenakku wird intern mit vielen Klippsen zusammen gehalten, die man, einmal eingerastet, von außen nicht wieder öffnen kann. Es gibt Anleitungen im Netz, die beschreiben, wie man diese von außen anbohrt, aufdrückt und dann die Löcher anschließend wieder verschließt.
Mein Ansatz ist einfacher, hinterlässt aber kleine Spuren im Bereich des Griffes. Kleiner (flacher) Flachschraubenzieher mit Hilfe des Hammers seitlich am Griff in etwa auf halber Höhe einschlagen, wie auf dem Bild zu sehen.
Vorsicht: auf keinen Fall an einer anderen Stelle des Akkus als im Griffbereich ansetzen, da man ansonsten zwangsläufig die Akkus im Innern trifft und einen Kurzschluss verursacht - Brandgefahr
dann den dicken Flachschraubenzieher zu Hilfe nehmen. Ein paar Mal vor und zurück biegen, bis jeweils ein lautes Knacken zu hören ist. Damit sind dann zwei Klippse auf gesprungen.
Mit etwas Glück schafft man es auch, dass drei Klippse aufspringen, aber das klappt nicht immer.
Bei der nachfolgenden Aktion darf man nicht zimperlich sein. Braucht man auch nicht, die Bosch Gehäuse sind äußerst stabil, das Kunststoff bricht nur sehr schwer und man kann es gut verbiegen, ohne dass etwas passiert:
durch den Schlitz mit beiden Händen das Gehäuse packen und auseinander ziehen. Ggf. nochmal den dicken Schraubenzieher zu Hilfe nehmen. Dabei ruhig mit Nachdruck (etwas Gewalt) an das Gehäuse rangehen
das kracht alles arg böse und hört sich schlimm an, aber in der Regel bleiben dabei alle Klippse unversehrt
Dann das Akkupack wie einen Kuchen aus der Form herausstülpen, dabei mit der Kante ruhig mal auf den Tisch / die Werkbank klopfen.
Vorsicht: wenn das Akkupack aus dem Gehäuse gerutscht ist dieses nicht direkt weg ziehen, denn da sind drei dünne Käbelchen, die man ansonsten einfach abreißt. Hier aufpassen und vorsichtig den kleinen Stecker am BMS abklippsen. Oder wenn man das BMS nicht braucht (so wie ich): die drei Käbelchen mit dem Seitenschneider einfach abknippsen.
Da isser nun. 40 Topp-Zellen
Die 400er Powerpacks haben idR Sanyo (selten), LG oder Samsung Zellen mit 2.850 oder 2.900mAh, die 500er Packs mit 3.500mAh je Zelle - das ist das Beste, was es derzeit gibt und das Maximum, was technisch machbar ist. Hier nochmal der Hinweis auf LiIonen Akkuzellen mit höheren Kapazitätsangaben als 3.500mAh: das sind definitiv und zu 100% dreiste Fakes, siehe auch -> China-Akku 18650 Test - 509.600 mAh in 62 Zellen
Das BMS ist mit nur einer Schraube befestigt, die beiden dicken Kabel (Plus / Minus) mit der Zange abschneiden, die dünnen Balancer-Käbelchen kann man einfach mit der Hand an den Akkuzellen abrupfen
zum Entfernen der Nickelstreifen benötigt man am besten Handschuhe, die gebogene Spitzzange und den kleinen Schlitzschraubenzieher.
Um zunächst irgendwo mal einen Anfang hin zu bekommen kann man mit dessen Hilfe ein Stückchen Nickelstreifen hochklappen, sodass man es mit der Spitzzange schnappen kann.
Vorsicht: bitte nur am Minuspol (das flache Ende am Akku) ansetzen und hebeln. Tut man das am Pluspol dann verletzt man beim Hebeln die Isolierung des äußeren Randes, was ein Minus ist, und man hat einen Kurzschluss. An diesem Punkt am besten den oben genannten Sandeimer parat haben.
dann einfach mit der Spitzzange zupacken und beherzt dran ziehen. Der Nickelstreifen geht dabei kaputt, das lässt sich nicht vermeiden.
Vorsicht: unbedingt darauf achten, mit der Zange nicht an einen benachbarten gegensätzlichen Pol zu kommen
alles abgerupft sieht das dann so aus
Vorsicht: die abgerissenen Nickelstückchen am besten gleich auf Seite auf ein Häufchen legen und nicht wild über die Werkbank verteilt rumfliegen lassen, denn idR ist man den Akkupack immer am hin und her schieben, am Anheben und Absetzen, während man daran arbeitet. Und da passiert es sehr schnell, dass man das Akkupack auf einem abgerupften Nickelstückchen absetzt und damit hat man dann unter Garantie einen Kurzschluss, der sich festbackt. Falls das passiert kann man nichts mehr machen und spätestens jetzt hat man dann hoffentlich einen Sandeimer vorbereitet
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man muss auf beiden Seiten des Akkupacks das Nickel entfernen, bevor es weiter geht. Dann die vier Schrauben im Zellhalter rausdrehen
der Bosch-Zellhalter sitzt so fest, dass man die beiden Hälften von Hand nicht auseinander bekommt. Darum nacheinander die vier Stellen, wo die Schrauben drin waren, mit dem kleinen Flachschraubenzieher einen Spalt aufhebeln
ggf. 2x rundherum an allen vier Stellen etwas aufhebeln bis der Spalt etwa so groß ist wie auf dem Bild hier.
Dann sollte man die beiden Hälften ganz locker von Hand auseinander bekommen
Tadaa - jetzt kann man die 40 Zellen gemütlich ernten
Achja, falls jemand mal einen Bosch Powerpack Rahmenakku von Grund auf neu zusammenbauen möchte habe ich hier mal noch Detailbilder von den Nickelstreifen samt Balanceranschlüssen gemacht um rekonstruieren zu können, wie die einzelnen Zellen verschaltet sind.
PS: alle Bosch Akkus (Classic, Powerpack Rahmenakku / Gepäckträgerakku, Powertube) sind 10s4p Systeme, d.h. 4 Akkuzellen parallel geschaltet und dann 10 dieser 4er Päckchen seriel = in Reihe, um auf effektiv 36V zu kommen.
Ausnahme: der Powertube 625 ist ein 10s5p und hat somit 50 Zellen insgesamt, jeweils 5 zu parallelen Päckchen geschaltet und davon dann 10 seriell.
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